Es gibt glaube ich niemanden auf dieser Erde, der von sich sagen kann, er habe noch nie Schmerz gefühlt. Jeder hat ihn im Laufe seines Leben erlebt. Ob als Schmerz beim ersten Sturz, beim Zahnen oder als Verletzung im Zuge des Aufwachsens.
Schmerz ist ein Begleiter im Leben, ob wir ihn wollen oder nicht.
Natürlich gibt es unterschiedliche Kategorien: den physischen und den emotionalen Schmerz.
Oder man sortiert ihn nach der Verursachung: durch Verletzung, durch Gewalteinwirkung, aufgrund einer körperlichen Dysfunktion. Er kann akut sein oder chronisch.
Alle, die Schmerzen haben, wollen nur eines: ihn schnell wieder los haben, denn er tut weh.
Wie wir ja mittlerweile wissen, will uns der Körper über den Schmerz etwas mitteilen.
Manchmal etwas banal wie etwa bei Zahnschmerzen: He hier ist ein Kariesloch - bitte bring mich zum Zahnarzt! Manchmal etwas subtiler: bitte pass hier auf mich auf, es wird mir schon alles zu viel, ein bisschen Schonung wäre echt gut, etwa im Falle einer Grippe.
Leider ist es nur sehr schwierig diese vom Körper codierte Sprache richtig zu verstehen.
Deswegen tendieren wir dazu, den Schmerz lieber loszuwerden als nachzuspüren, was es damit auf sich hat.
Noch dazu tut es weh, also weg damit!
Da ich Expertin für Verhaltensmuster bin, interessiert mich natürlich die Reaktion auf Schmerz.
#1: Loswerden (Amputieren?)
#2: Ignorieren (Ein Indianer kennt keinen Schmerz!)
#3: Leiden und ins Opferbewusstsein fallen (Ich bin so arm!)
#4: Spaltung (Mein blödes Knie tut wieder weh!)
#5: Schuldzuweisung (Wegen meiner Knieschmerzen, kann ich nur eingeschränkt leben.)
Die tatsächliche Reaktion ist oft eine Kombination der obengenannten Reaktionen.
Aber ich habe noch nie jemanden erlebt, der gesagt hätte: Oh toll Schmerz! Warte ich spür dich mal!
Also ist das Loswerden wollen - jedenfalls ein Muster, das jedem Schmerz innewohnt.
Das Problem mit dem Loswerden, ist nur jenes, dass es eine kurzfristige Veränderung bietet, aber meist nicht das Thema an sich löst. Aber auch um die Lösung des Themas geht es mir hier nicht.
Sondern : Was kann man mit dem Schmerz, wenn er halt schon mal da ist, tun?
IHN HABEN
Den Schmerz haben
Tja das ist leicht gesagt, aber schwer getan, denn in unserer Kultur ist Schmerz haben (außer man ist von Beruf aus Märtyrer) nicht ein Zeichen von Stärke. Es bestätigt eher den Verdacht eines Mangels, den man eh immer schon hatte. Mit mir ist was nicht richtig!
Dazu kommen noch gewisse Geisteshaltungen wie: Ein Indianer kennt keinen Schmerz! Beiß' die Zähne zusammen und durch! Sei nicht so eine Memme!
Mit Schmerz umzugehen, kann man aber lernen. Es ist eigentlich recht einfach. Es braucht natürlich ein Gegenüber (mich) und einen Schmerzwilligen, sowie die Bereitschaft Schmerz zu haben und damit stärker zu werden, gemäß dem Spruch: "was uns nicht umbringt, macht uns nur stärker!"
Also indem nun bewusst der Schmerz in einem Schmerzpunkt getriggert wird und ich gemeinsam mit meinem Klienten diese Schmerzerfahrung begleite, lernt derjenige den Umgang damit.
Er lernt den Schmerz zu haben. Er lernt nicht gegen den Schmerz zu kämpfen, Teile seines Körpers nicht von sich zu trennen (oder zu schonen), sich nicht zu bemitleiden und schon gar nicht ihn zu ignorieren. Er erlebt Schmerz bei vollem Bewusstsein, mit voller Aufmerksamkeit, als Teil seines Körpers, frei von Geschichten oder üblichen Emotionen.
Er lernt die Intensität, die ein Schmerz hat, zu haben und findet dadurch wieder Kontakt zu seiner Lebendigkeit, seiner eigenen Intensität.
Damit erlaubt er ganz viel Energie in seinem Körper zu haben.
Stoppt er nun auch Schutzmechanismen, wie Halten, Aufpassen, Einziehen, öffnet er damit energetische Blockaden, die mit diesen körperlichen Schutzhaltungen einhergehen.
Kann er sich nun auch noch in den Schmerz entspannen, passiert das wozu der Körper eigentlich fähig wäre: Selbstheilung.
Selbstheilung findet nur in der Entspannung statt, nie wenn wir mit dem Schmerz im Krieg sind (Stichwort: Fight/Flight/Freeze).
In erster Linie geht es also um den Umgang mit dem Schmerz. Lernt man den und kann man mit Schmerz entspannt sein, so kann die Heilung folgen.
Heilung ist aber nicht das Ziel, sondern das Ergebnis.
Das Ziel ist und bleibt das Erlernen des Umgangs mit Schmerz.
Können wir das, ist das ein tolles Tool in unserem Life-Survival-Kit. Denn das Leben wird uns immer wieder mit Schmerz konfrontieren. Können wir damit sein, macht das unser Leben um vieles einfacher.
Aber Achtung: Natürlich gibt es gewisse Schmerzintensitäten, akute und chronische Krankheiten, bei denen oben gesagtes wie ein Witz klingt. Hier ist selbstverständlich eine Schmerztherapie unter ärztlicher Aufsicht angesagt.
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